Verlieben ist nicht Lieben

von

In unserem Leben begegnen wir einigen wenigen Menschen, die eine ganz besondere Anziehungskraft auf uns ausüben und die wir so anziehend finden, das wir am liebsten mit ihnen verschmelzen möchten. Wir verlieben uns.

Mich hat dieses Wort immer gestört. Es klang wie verkehrt, oder verdreht, oder verlieren, verbeissen oder verbieten – so als würden wir diesen Zustand als das Gegenteil von Liebe ausgeben wollen, denn warum haben wir sonst diese ver- Silbe an das lieben gehängt.

Aus dem Verlieben entsteht dann eines Tages die Liebe, oder eben nichts – dann fällt die rosarote Brille runter, zerbricht und wir fragen uns, was haben wir bloss an diesem Menschen damals so toll gefunden?

Das was wir noch nicht in uns hatten, das was uns noch fehlte um "ganz" zu werden, denn danach streben wir Menschen alle, manche bewusster, andere so nebenbei und ausversehen. Aber wir suchen in der Ergänzung immer das, was wir selbst nicht haben. Manchmal gelingt es uns dann, vom Anderen zu lernen und die fehlenden Fähigkeiten und Seelenanteile des Anderen in unserem Leben integrieren zu können. So wird aus dem Ver-lieben ein Ver-leiben, ein Einverleiben des Anderen, auf dem Weg zu einem geheilten Menschen.

Ist uns dies dann gelungen, bleiben zwei Wege: Die Liebe, welche nicht ausgleichen muss, ist noch vorhanden, oder sie ist weg und eine grosse Leere bleibt übrig. Wenn die Liebe geblieben ist, steht uns eine wundervolle und harmonische Partnerschaft, mit zwei gleichberechtigten Partnern bevor. Ein wundervolles Geschenk – aber das kommt erst, nach dem Beide das Fehlende, so Anziehende, in sich aufgenommen haben.

Neben dem Bedarf , den unsere Seele hat, um sich zu ergänzen, ganz zu werden, spielen und hüpfen natürlich die geliebten Hormone auf und ab und das Tier in uns kommt zum Vorschein: Wir wollen uns fortpflanzen und den genetisch gerade so gut riechenden neuen Partner als potentiell besten Genspender. Etwas Wundervolles, ohne dass unser Erleben viel ärmer wäre, nur mit Liebe, mit Liebe hat das nichts zu tun.

(2007)

Igor Warneck

Igor Warneck

Schreiben gehört seit meinem dreizehnten Lebensjahr zu mir. In der Zwischenzeit habe ich einige Bücher veröffentlicht, dann auch mal die Lust an dem Ganzen verloren und jetzt wiedergefunden.

Fotografie ist für mich das entdecken des Verborgenen, um es für meine Mitmenschen sichtbar und auffindbar zu machen.

Mein Ziel: Kreativität statt Rente – denn von der kann ich als lebenslang Selbständiger nichts erwarten. Dem Sozialstaat will ich nicht zur Last fallen und verzichte daher auf das was mir zustehen würde aus freien Stücken.

Lieber schreibe ich Texte für die Gemeinschaft – zur Unterhaltung, zum Nachdenken und gegen so manch alltäglichen Wahnsinn.

Ein Dasein als Lebenskünstler ist möglich – ich lebe es seit vielen Jahren. Wenn Du das unterstützenswert findest, kannst Du unter dem Link mehr darüber erfahren:

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