Der Kronleuchter

von

Heute begegnete mir ein Kronleuchter, also eine kleine Erleuchtung, die mich bei den Menschen, die bisher mit mir zu tun hatten, nur um Entschuldigung bitten lassen kann.

Nie wollte ich Menschen verändern, denn sie waren mir heilig, doch wenn mich persönlich etwas störte, eben an diesen Menschen, dann habe ich versucht sie zu ändern, anstatt die Situation in der ich mit ihnen lebte, zu verändern – im schlimmsten Fall mich einfach von ihnen zu trennen. Also versuchte ich sie mir meinem Leben anzupassen und habe dadurch sicherlich viele Menschen ziemlich ins Schleudern gebracht. Durch meine an den Tag gelegte Vehemenz, doch sicherlich das richtige für einen anderen Menschen zu wissen (welch Vermessenheit!) habe ich viele Menschen von dem Weg abgebracht, den sie gehen mussten. Denn ohne diesen Weg so zu gehen, wie man ihn eben gehen kann, kann man eben nicht zum Ziel kommen – seinem eigenen Ziel – nicht dem, was die Gesellschaft oder andere Menschen von uns wollen. Dich dafür fehlte mir irgendwie die Weitsicht. So verhinderte ich durch meine Aktionen und Reaktionen, dass ich mich selbst hätte verändern müssen, um den für mich unbefriedigenden Zustand aufzulösen. Eine gute Möglichkeit, Faul- oder Feigheit leben zu können.

Verzeihung!

 

Bei meiner schamanischen Arbeit komme ich nicht umhin, meine Wahrnehmungen und Empfindungen klar und deutlich auszudrücken, doch diese unterscheiden sich von der Lehrmeisterei um einiges. Hier bin ich manchmal selbst darüber erstaunt, was ich denn gerade sagen soll, was da aus mir heraus will – aber anhand der Reaktionen der Angesprochenen merke ich eben auch, dass es stimmt. Dahinter steckt allerdings eine innere Unbeteiligtkeit, die mich sozusagen nur als Werkzeug nutzt, von dem ich selbst aber keinen Nutzen habe, sondern die nur der Angesprochene nutzen kann.

Jeder Mensch kann nur in seinen eigenen Schuhen gehen, und wenn diese eingelaufen sind, kann sie kein anderer Mensch tragen, auch wenn beide die gleiche Schuhgröße haben.

Diese Erkenntnis, dass nur ich mich verändern kann, wenn ich etwas verändern will, und das eben immer anders versucht habe, ist ganz schön peinlich, aber dieser Weg gehörte wohl zu mir, ebenso wie der Kronleuchter, der soeben über mich hereingebrochen ist, auch seinen Sinn hat.

Danke.

(2010)

ZeichnungPagePilgrim@troet.cafe 2023

Igor Warneck

Igor Warneck

Schreiben gehört seit meinem dreizehnten Lebensjahr zu mir. In der Zwischenzeit habe ich einige Bücher veröffentlicht, dann auch mal die Lust an dem Ganzen verloren und jetzt wiedergefunden.

Fotografie ist für mich das entdecken des Verborgenen, um es für meine Mitmenschen sichtbar und auffindbar zu machen.

Mein Ziel: Kreativität statt Rente – denn von der kann ich als lebenslang Selbständiger nichts erwarten. Dem Sozialstaat will ich nicht zur Last fallen und verzichte daher auf das was mir zustehen würde aus freien Stücken.

Lieber schreibe ich Texte für die Gemeinschaft – zur Unterhaltung, zum Nachdenken und gegen so manch alltäglichen Wahnsinn.

Ein Dasein als Lebenskünstler ist möglich – ich lebe es seit vielen Jahren. Wenn Du das unterstützenswert findest, kannst Du unter dem Link mehr darüber erfahren:

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