Beim Namen nennen

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Wie oft nennen wir unseren Partner nicht bei seinem Namen, sondern verstecken ihn hinter Kosenamen, welche ja ohne Frage ganz süß sein können, aber austauschbar. Wenn man immer nur als Schatz angeredet wird, kann man nicht wissen, dass man selbst gemeint wird, sondern es könnte auch der Vorgänger oder der Nachfolger sein, der ebenso als Schatz angesprochen wird. 

Da wir Namen tragen, welcher Art diese Namen auch immer sein mögen, gehört es nur zur Würdigung eines geliebten Menschen dazu, ihn auch mit diesem Namen anzusprechen. Namen beinhalten Magie. Was wir mit einem Namen benennen können, das ist – wir haben sogar Macht darüber – wir müssen sie ja nicht missbrauchen. 

Namen beinhalten eine ungeheure Kraft, sie sind der Ausdruck, dessen, was ist.

Das ist nicht nur bei Personennamen so, sondern auch bei Bezeichnungen von Mustern jeglicher Art. Das ist Wortmagie. Worte können fordern, Worte können auflösen, Worte können verbinden.

Wenn wir einen Menschen verletzt haben, dann können wir darüber reden und sagen: Ich habe einen Menschen verletzt, oder wir können sagen: Ich habe Hans zutiefst verletzt und da Hans mein Freund ist, habe ich auch meinen Freund zutiefst verletzt. Das hat eine ganz andere Wirkung und Qualität, als der einfache Satz: Ich habe einen Menschen verletzt.

Dadurch, dass wir Dinge beim Namen nennen, können wir auch verwobene oder festgefahrene Muster auflösen. Wir können sie freilassen, entlassen, sie belasten uns dann nicht mehr, sie sind wieder frei. Wir können uns selbst und natürlich auch den anderen um Verzeihung bitten, wenn wir die Dinge beim Namen nennen. 

Wir sind alle Menschen und wir alle machen Fehler, aber wir müssen in die Tiefen hinabsteigen und den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen, dann haben wir die Kraft sie zu erlösen.

(2009)

ZeichnungPagePilgrim@troet.cafe 2023

 

Igor Warneck

Igor Warneck

Schreiben gehört seit meinem dreizehnten Lebensjahr zu mir. In der Zwischenzeit habe ich einige Bücher veröffentlicht, dann auch mal die Lust an dem Ganzen verloren und jetzt wiedergefunden.

Fotografie ist für mich das entdecken des Verborgenen, um es für meine Mitmenschen sichtbar und auffindbar zu machen.

Mein Ziel: Kreativität statt Rente – denn von der kann ich als lebenslang Selbständiger nichts erwarten. Dem Sozialstaat will ich nicht zur Last fallen und verzichte daher auf das was mir zustehen würde aus freien Stücken.

Lieber schreibe ich Texte für die Gemeinschaft – zur Unterhaltung, zum Nachdenken und gegen so manch alltäglichen Wahnsinn.

Ein Dasein als Lebenskünstler ist möglich – ich lebe es seit vielen Jahren. Wenn Du das unterstützenswert findest, kannst Du unter dem Link mehr darüber erfahren:

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